Orientierung im Konsumalltag
Der Konsumalltag wird für Verbraucherinnen und Verbraucher immer komplexer. Hierbei stellen sich ihnen eine Vielzahl von Fragen:
Vor einem Vertragsabschluss geht es beispielsweise darum zu prüfen, ob sich ein Wechsel des Energieanbieters wirklich lohnt, wie man Preisvergleichsportale richtig verwendet und ob man Angebote mit einem Bonus im ersten Jahr nutzen sollte.
Während des Abschlusses eines Kaufvertrags im Internet stellt sich etwa die Frage, ob ein Bezahlverfahren sicher ist und ob der Händler nicht zu viele Daten erfasst.
Auch nach einem Kauf stellen sich Fragen, u. a. dann, wenn ein Produkt vorzeitig kaputtgeht oder die Dienstleistungen nicht den Werbeversprechen genügen.
Für Bahn- und Flugreisende können insbesondere Passagierrechte wichtig werden, wenn ein Zug oder Flug ausfällt, verspätet ist oder etwa das Gepäck beschädigt wurde.
In den beschriebenen Situationen könnte ein Wegweiser mit verlässlichen und anbieterunabhängigen Informationen im Internet Verbraucherinnen und Verbraucher eine Orientierung geben. Vor diesem Hintergrund hatte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) Baden-Württemberg das ConPolicy-Institut für Verbraucherpolitik und co2online mit einer Studie zur Machbarkeit eines Digitalen Wegweisers für Verbraucher beauftragt, die im März 2019 abgeschlossen wurde.
Ziele und Inhalte der Machbarkeitsstudie
Zunächst stellte sich die Frage, ob eine zentrale, digitale Plattform für Verbraucherinformationen aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher sinnvoll und notwendig ist und ob es andere Optionen gibt, Verbraucherinnen und Verbraucher einen besseren Zugang zu Informationen im Internet zu ermöglichen.
In der Studie wurde untersucht, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet informieren. Dabei wurde deutlich, dass Apps im Wesentlichen für spezifische, häufig wiederkehrende Zwecke genutzt werden. Beispiele hierfür sind Wetter-, Ticket- oder Navigations-Apps. Bei akuten oder selten auftretenden Problemen wird in der Regel auf Suchmaschinen zurückgegriffen und nach entsprechenden Schlagworten zur Problemstellung oder Problemlösung gesucht. Hierbei spielt der Suchdienst Google mit einem Marktanteil von 95% eine hervorgehobene Rolle.
In Verbraucherbefragungen und Statistiken ist außerdem deutlich gewordenen, dass eine Diskrepanz besteht zwischen den Problemen von Verbraucherinnen und Verbrauchern und ihrem Suchverhalten im Internet. So sind vielen Suchenden gewisse Begrifflichkeiten häufig nicht geläufig (z. B. wird viel häufiger nach „wer steckt hinter dieser Telefonnummer“ anstatt „Telefonnummer Rückverfolgung“ gesucht) und sie wissen oft nicht, dass sie über bestimmte Rechte verfügen bzw. was diese bedeuten (z. B. ist häufig der Unterschied zwischen „Garantie“ und „Gewährleistung“ nicht bekannt). Dieses Untersuchungsergebnis lässt darauf schließen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ausreichend über ihre Rechte informiert sind.
Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie
Die Analyse des Ist-Zustands zeigte, dass die derzeitige Sichtbarkeit und Reichweite der nicht-kommerziellen Anbieter von Verbraucherinformationen insbesondere der Verbraucherzentralen, der Stiftung Warentest sowie der Schlichtungsstellen im Internet im direkten Vergleich mit kommerziellen Informations- und Diensteanbietern gering sind. Und dies, obwohl diese Akteure grundsätzlich über ein umfassendes und inhaltlich hochwertiges Informationsangebot verfügen.
Als zentrales Ergebnis der Machbarkeitsstudie wurde festgestellt, dass die Entwicklung einer neuartigen Verbraucherinformations- oder Wegweiser-App oder Webseite durch staatliche Stellen nicht zielführend erscheint, da die zu erwartende Sichtbarkeit (v. a. bei Suchmaschinen) und somit die Reichweite im Internet zu gering wäre.
Zur Verbesserung der Situation für die Verbraucherinnen und Verbrauchern empfiehlt die Studie ein Bündel an Lösungsansätzen und Handlungsoptionen:
Konkrete Handlungsempfehlungen der Studie sind:
- Der Dialog zwischen den nicht-kommerziellen Akteuren, wie beispielsweise den Verbraucherzentralen, der Stiftung Warentest, den Schlichtungsstellen und den staatlichen Aufsichts- und Regulierungsbehörden (Bundesnetzagentur, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, etc.) sollte gefördert und ausgebaut werden.
- Die Anbieter nicht-kommerzieller Verbraucherinformation sollten bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Nutzerfreundlichkeit ihrer Angebote (beispielsweise problemorientierte Lösungen für mobile Endgeräte) sowie der Steigerung ihrer Reichweite und Sichtbarkeit gestärkt werden.
- Es sollten digitale Leuchttürme der Verbraucherinformation und -beratung, wie z. B. interaktive Online-Rechner und Schnelleinstiege oder Chatbots entwickelt, umgesetzt und kommuniziert werden.
- Es sollten anlass- und themenbezogene Kommunikationsoffensiven zur Verbraucherinformation konzipiert und umgesetzt werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher sich online informieren und ihre Rechte besser nutzen können. Dies setzt die Vernetzung einzelner Akteure durch die Länder und den Bund voraus.
Weitere Informationen
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie „Digitaler Wegweiser für Verbraucher“ steht hier zum Download bereit:
Zusammenfassung der Studie