Seit Einführung der Pflichten im Hinblick auf Legionellen in Trinkwasser-Installationen gibt es Fragen insbesondere von Unternehmern oder sonstigen Inhabern einer Wasserversorgungsanlage, z. B. Vermietern oder Hausverwaltungen, aber auch Installateuren, Gesundheitsämtern oder Laboren zur im Sinne der Trinkwasserverordnung korrekten Vorgehensweise. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gibt hierzu Antworten:
Legionellen sind aerobe, bewegliche, stäbchenförmige Bakterien mit einer durchschnittlichen Länge von 2 - 5µm und einem Durchmesser von 0,5 - 0,8µm. Sie sind allgemein verbreitet und in jedem Süßwasser, z. B. Grundwasser, vorhanden.
1976 erkrankten bei einem Veteranentreffen der Amerikanischen Legion (Pennsylvania American Legion) in Philadelphia, USA, 182 von 4400 Delegierten. Trotz intensiver Forschungsarbeit gelang es erst nach einem halben Jahr, das Bakterium aus Lungengewebe eines verstorbenen Veteranen zu isolieren. Diesem bisher unbekannten Erreger gab man aus gegebenen Anlass den Namen Legionella-pneumophila.
Legionellen sind in geringer Zahl auch im Trinkwasser vorhanden. Bei Wassertemperaturen von etwa 30°C bis 45°C können sich optimal vermehren. Das Trinken von legionellenhaltigem Wasser ist unbedenklich. Wenn aber Legionellen über kleine Wassertröpfchen eingeatmet werden und in die Lunge gelangen, kann es zu einer ernsthaften Lungenentzündung kommen. Das könnte beispielsweise beim Einatmen von Dampf unter der Dusche passieren. Ein erhöhtes Risiko liegt beispielsweise bei Menschen mit geschwächter Immunlage oder chronischer Bronchialerkrankung oder bei Rauchern vor. Eine Übertragung der Legionellen von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Das Bundesgesundheitsministerium begründete die Aufnahme der Bestimmungen zu Legionellen in die Trinkwasserverordnung damit, dass in Deutschland pro Jahr von schätzungsweise etwa 32.000 Erkrankungen durch Legionellen auszugehen sei, davon in etwa 2.000 Fällen mit Todesfolge.
Für die Pflicht zur Untersuchung auf Legionellen müssen folgende Kriterien zusammentreffen:
- Vorhandensein einer „Großanlage zur Trinkwassererwärmung“, also einer Anlage mit
Speicher-Trinkwassererwärmer oder zentralem Durchfluss-Trinkwassererwärmer
jeweils mit einem Inhalt von mehr als 400 l, oder mit einem Rohrleitungsvolumen von
mehr als 3 Litern zwischen Abgang des Trinkwassererwärmers und der entferntesten
Entnahmestelle,
- Bereitstellung von Trinkwasser im Rahmen einer im Sinne der Trinkwasserverordnung
gewerblichen Tätigkeit, z. B. Vermietung, oder öffentlichen Tätigkeit sowie das
- Vorhandensein einer Einrichtung in der Trinkwasser-Installation, in der es zu einer
Vernebelung des Trinkwassers kommt, z. B. Duschen, Whirlpool.
Legionellen vermehren sich am besten in warmem und stehendem Wasser. Große Wasserspeicher und lange Rohrleitungen bieten daher für Legionellen günstige Bedingungen. Mehrfamilienhäuser, bei denen das Wasser dezentral über Durchlauferhitzer, Kleinboiler oder Gasthermen erwärmt wird, oder sog. Kleinanlagen aus Ein- und Zweifamilienhäusern sind von der Regelung nicht betroffen.
Treffen die Voraussetzungen für die Untersuchungspflicht zu, müssen die Legionellenuntersuchungen bei öffentlichen Einrichtungen, wie Sporthallen, Schwimmbäder, Hotels, Krankenhäuser oder Heimen, jährlich durchgeführt werden.
Sind bei den jährlichen Untersuchungen in drei aufeinanderfolgenden Jahren keine Beanstandungen festgestellt worden, kann das zuständige Gesundheitsamt auch längere Untersuchungsintervalle von bis zu drei Jahren festlegen, sofern Anlage und Betriebsweise nicht verändert wurden und nachweislich den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Dies ist aber nicht möglich in Bereichen, in denen sich Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen befinden (z. B. Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen für ambulantes Operieren Dialyseeinrichtungen, Entbindungseinrichtungen).
Eine gewerbliche, nicht öffentliche Tätigkeit im Sinne der Trinkwasserverordnung liegt insbesondere bei Vermietung vor. Treffen die Voraussetzungen für die Untersuchungspflicht zu, sind Wohnungseigentümer bzw. Eigentümergemeinschaften, ggf. vertreten durch eine Hausverwaltung, verpflichtet, die Legionellenuntersuchungen mindestens einmal in drei Jahren durchführen zu lassen.
Die Untersuchungen, einschließlich der Probennahme, sind bei einem akkreditierten und in einem Bundesland zugelassenen Trinkwasserlabor zu beauftragen. Die Liste der in Baden-Württemberg zugelassenen Labore ist im Internet veröffentlicht unter Liste der Laboratorien. Das Labor ist auch für die korrekte Durchführung der Probenahme verantwortlich.
Die Beauftragung der Beprobung separat von der Untersuchung ist nicht zulässig. Damit soll sichergestellt werden, dass die gesamte Verantwortung für die ordnungsgemäße Probennahme und Untersuchung als ein zusammenhängender Vorgang nur bei der Untersuchungsstelle liegen kann.
Der Unternehmer oder sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage kann sich bei der Beauftragung von Untersuchung, einschließlich Probennahme, aber auf zivilrechtlicher Basis vertreten lassen und eine Hausverwaltung oder einen anderen Dienstleister als „in seinem Auftrag handelnde Person“ bevollmächtigen, der zwischen ihm und der Untersuchungsstelle agiert. Allerdings darf der Bevollmächtigte nicht ausschließlich für die Probennahme ohne damit verbundene Untersuchung beauftragt werden, weil der Untersuchungsauftrag die Probennahme beinhalten muss.
Die Untersuchungsstelle kann dann neben den eigenen (internen), direkt beschäftigten auch externe Probennehmer mit der Beprobung beauftragen. Diese müssen dazu fest in das Qualitätsmanagementsystem der Untersuchungsstelle eingebunden sein. Darüber hinaus muss vertraglich sichergestellt werden, dass die fachliche Verantwortung und die Weisungsbefugnis für Probennahmetätigkeiten ausschließlich bei der zugelassenen Untersuchungsstelle liegt. Externe Probennehmer müssen - genauso wie interne Probennehmer - die fachliche Qualifikation nachweisen sowie die Unabhängigkeit gegenüber dem Auftraggeber der Untersuchung wahren. Darüber hinaus müssen auch die externen Probennehmer regelmäßig an Probennehmerschulungen und Überwachungsaudits teilnehmen. Sie dürfen dann im Namen dieser Untersuchungsstelle Probenahmen im Trinkwasser durchführen.
Ein Verstoß gegen das Prinzip der Einheit von Probennahme und Untersuchung kann nach Trinkwasserverordnung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Teilweise veranlassen verantwortliche Betreiber der Trinkwasser-Installation, z. B. Hausverwaltungen, wenige Tage vor der Beprobung oder einer Nachbeprobung der Trinkwasser-Installation im Hinblick auf die Legionellenuntersuchung eine Erhöhung der Warmwassertemperatur auf 80°C über mehrere Tage mit dem Ziel, Maßnahmen auslösende Legionellenbefunde über 100 KBE/100 ml "vorzubeugen". Eine Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen bei der anschließenden Untersuchung wird durch diese Vorgehensweise tatsächlich sehr unwahrscheinlich.
Trotz Information durch entsprechender Aushänge oder Schreiben geht die vorübergehende Temperaturerhöhung zunächst mit einer erheblichen Verbrühungsgefahr für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher einher. Überdies werden ggf. vorhandene Probleme in der Trinkwasser-Installation, die über die Monate bzw. Jahre zwischen den Untersuchungen zu einer Kontamination mit Legionellen führen könnten und zum Schutz der betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher zu beheben wären, z. B. Nichteinhaltung der für Warm- und Kaltwasser erforderlichen Temperaturen, Bereiche in der Trinkwasserverteilung mit wenig oder keinem Wasserdurchfluss (Stagnation), übersehen. Eine thermische "Vorab"-Desinfektion ist kein Ersatz für eine Sanierung der Wasserverteilung, deren Notwendigkeit dadurch aber nicht erkannt werden könnte.
Das Ministerium rät dringend von dieser Vorgehensweise ab. Sie entspricht auch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Entsprechend der einschlägigen Empfehlung des Umweltbundesamts sollen die Proben "die hygienischen Verhältnisse im Verteilungssystem des Gebäudes widerspiegeln". Das ist aber nur dann möglich, wenn die Anlage zuvor im Routinebetrieb lief.
Sollten in der Trinkwasser-Installation Legionellengehalte über 100 KBE/100 ml Wasser festgestellt werden, müssen Unternehmer oder sonstige Inhaber der Anlage, z. B. Vermieter oder die Eigentümergemeinschaft, oder der verantwortliche Betreiber, z. B. der Sporthalle oder des Hotels,
- dies beim Gesundheitsamt anzeigen,
- die betroffenen Verbraucher umgehend über das Ergebnis informieren, unabhängig vom
Ausmaß der Kontamination,
- eine Gefährdungsabschätzung erstellen lassen,
- notwendige Abhilfemaßnahmen ergreifen und
- über diese wiederum die die betroffenen Verbraucher und das Gesundheitsamt
informieren.
Bei extrem hohen Legionellengehalten (über 10.000 Legionellen/100 ml Wasser) dürfen Duschen solange nicht bzw. nur mit entsprechenden Filtern benutzt werden, bis die Kontamintion beseitigt ist.
Bei der Durchführung der Gefährdungsabschätzung und der notwendigen Abhilfemaßnahmen sind die entsprechenden Empfehlungen des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2012 zu beachten. Für die Gefährdungsanalyse muss einer Stelle beauftragt werden, die unabhängig ist von anderen Interessen. Insbesondere muss eine Befangenheit vermieden werden. Eine Befangenheit ist dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau oder Betrieb der Trinkwasser-Installation selbst beteiligt waren oder sind. Vorsicht ist beispielsweise geboten, wenn Unternehmen die Durchführung der Gefährdungsanalyse und ggf. notwendige Sanierungsmaßnahmen als "Servicepaket" anbieten.
Der verantwortlichen Inhaber einer Wasserversorgungsanlage oder Trinkwasser-Installation hat den betroffenen Verbrauchern unverzüglich "geeignetes und aktuelles Informationsmaterial" zu übermitteln bzw. schriftlich oder durch Aushang bekannt zu machen. Gerade im Fall von Legionellen ist es wichtig, den empfindlichen Verbrauchergruppen mit einer zeitnahen Information zum Befund zu ermöglichen, dass sie sich ggf. bereits bei einer mäßigen Kontamination schützen können, die ansonsten noch kein generelles Duschverbot bedeutet z. B. durch Duschfilter.
Kommt der verantwortlichen Inhaber einer Wasserversorgungsanlage seine Informationspflicht nicht nach, stellt bei extremen Legionellen-Kontaminationen
(> 10.000 KBE/100 ml) das Gesundheitsamt die Information der betroffenen Verbraucher sicher.
Legionellen vermehren sich am stärksten bei Temperaturen von 30°C bis 45°C in stehendem Wasser. Eine zu niedrige Warmwassertemperatur von unter 60°C und eine zu unregelmäßige Nutzung einzelner Anlagenteile durch die Bewohner oder bei Leerständen begünstigen eine Kontamination. Vermehrung kann auch stattfinden in Kaltwasser, wenn dieses sich in der Verteilung zu sehr erwärmt.
✔ Die Anlage sollte nachweislich eine den allgemein anerkannten Regeln der Technik
entsprechende Temperatur für Warm- und Kaltwasser aufweisen.
✔ Das Wasser in leerstehenden Wohnungen oder Wohnheimzimmern oder wenig benutzte
Duschen oder Handwaschbecken in Gästetoiletten sollte von Zeit zu Zeit laufen
gelassen werden.
Für Ein- und Zweifamilienhäuser und andere Objekte, bei denen eine sog. Kleinanlage
(< 400 l) für die Trinkwassererwärmung vorhanden ist, gibt es die Untersuchungspflicht nach Trinkwasserverordnung nicht. Sie gilt auch nicht, wenn in einem Mehrfamilienhaus alle Wohnungen von den jeweiligen Eigentümern bewohnt werden. Aus vorsorglichem Gesundheitsschutz kann es aber trotzdem sinnvoll sein, das Trinkwasser auf Legionellen untersuchen zu lassen, insbesondere wenn es durch Duschen oder Whirlpools zu einer Vernebelung kommt und der Verdacht besteht, dass durch die Umstände (Wassertemperatur, Stagnation) Legionellenwachstum begünstigt sein kann.