Information, Transparenz und Verbraucherrechte sind wichtige Voraussetzungen für die gleichberechtigte Teilnahme der Verbraucher am Markt. Die baden-württembergische Verbraucherpolitik begleitet die Liberalisierung des Energiemarktes kritisch und konstruktiv von Anfang an.
Studie „Zugang zu unabhängigen Energiepreisvergleichen - ist ein Referenzportal die Lösung?“ vorgestellt
Energiepreisvergleichsportale sind für die Verbraucher eine wichtige Hilfe, um sich schnell und umfassend einen Überblick über die Einspar- und Wechselmöglichkeiten am Energiemarkt zu verschaffen und hierdurch die Wechselbereitschaft zu erhöhen. Allerdings stehen diese Portale mit ihren werbe- und provisionsbasierten Geschäftsmodellen zunehmend in der Kritik von Verbraucherschützern. So werden nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene Maßnahmen diskutiert, wie die Qualität von Preisvergleichsportalen im Energiebereich verbessert werden könnte. Im November 2016 hat die Europäische Kommission im Rahmen des "Winterpakets zur Energieunion" Regelungen für Preisvergleichsportale vorgestellt. Bei der Veranstaltung am 27.03.2017 in der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Brüssel hat das Verbraucherministerium Lösungsansätze für Deutschland aufgezeigt und ein Forum für den Meinungsaustausch geboten.
Pressemitteilung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 27.03.2017
Die Studie des Instituts ConPolicy im Auftrag des Verbraucherministeriums schlägt ein Bündel von Maßnahmen für mehr Transparenz bei den Preisvergleichsportalen vor. Gemeinsam mit der Bundesregierung und Vertretern der Wirtschaft und des Verbraucherschutzes sollen in einem nächsten Schritt mögliche Spielregeln und Mindeststandards und eine Stärkung der Marktaufsicht und der nationalen Regulierungsbehörde diskutieren werden.
Studie "Zugang zu unabhängigen Energiepreisvergleichen ermöglichen – Ist ein Referenzportal die Lösung?"
Abschlusspräsentation der Studie
Vorschläge für eine Regulierung der Preisvergleichsportale im Energiebereich:
Empfehlungen der EU-Kommission und der Legislativvorschlag vom November 2016 ("Winterpaket" zur Energieunion")
Seit 2005 gibt die EU-Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken (UCPD) vor, dass Vergleichsportale alle Preise vollständig anzeigen, sowie Informationen zu ihrem Geschäftsmodell und vorhandenen Verbindungen zu Anbietern der zu vergleichenden Produkte oder Dienstleistungen darlegen müssen. Es existieren zudem Leitlinien („Guidance“) des Rates der europäischen Regulierungsbehörden (CEER) zu dieser Richtlinie, deren Umsetzung derzeit noch freiwillig ist.
Im November 2016 legte die EU-Kommission einen Entwurf einer Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie zu gemeinsamen Regelungen für den Strombinnenmarkt vor, die Vergleichsportale im Energiebereich explizit berücksichtigt. Dieser Richtlinienentwurf sieht vor, dass Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen müssen, dass Verbraucher Zugang zu mindestens einem kostenlos verfügbaren Vergleichsinstrument haben, das mindestens folgende Vorgaben erfüllt: Operative Unabhängigkeit des Vergleichsinstruments und die Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Gleichbehandlung der Suchergebnisse, Transparenz und Offenlegung über die Betreiber des Vergleichsinstruments und die objektiven Suchkriterien, u. a.
Die Vorschläge des baden-württembergischen Verbraucherministeriums aus der ConPolicy-Studie (Auszug)
- Festlegung, Einführung und Durchsetzung verpflichtender Mindeststandards bezüglich Transparenz über Portal und Betreiber, eine Vollständigkeit und Aktualität der Datengrundlage für den Vergleich, verbraucherfreundliche Voreinstellungen. Hierzu hat das Ministerium weitere Maßnahmen in Berlin mit den nationalen Akteuren aus Bundesregierung, Wirtschaft und Verbraucherverbänden geplant.
- Eine Stärkung der nationalen Regulierungsbehörde als Aufsichtsbehörde über den Energiemarkt und die Energiepreisvergleichsportale (Marktaufsicht, Standards und deren Durchsetzung). Dies beinhaltet auch eine regelmäßige und systematische Überprüfung der Zuverlässigkeit eines Energieanbieters gemäß EnWG durch die Bundesnetzagentur (BNetzA), die Einrichtung eines Verbraucherbeirats bei der BNetzA (in Anlehnung an den Verbraucherbeirat der BaFin) sowie die Aufnahme eines "Marktwächters Energie" in das von der Bundesregierung eingerichtete Marktwächtersystem.
- Sicherstellung regelmäßiger und umfassender Tests durch geeignete und unabhängige Institute und Organisationen und deren Finanzierung durch den Bund.
- Sicherstellung einer unabhängigen und umfassenden Bewertung der Energieanbieter, z. B. über einen nachhaltigen Betrieb (Finanzierung) des aus Bundesmittels geförderten Projekts " www.energieanbieterinformation.de" des Bundes der Energieverbraucher e. V.
- Gesetzliche Vorgaben für standardisierte Preiserhöhungsschreiben mit Standardangaben (Transparenz) einführen, bzw. wo vorhanden verbraucherfreundlich weiterentwickeln.
- Die Einrichtung eines qualifizierten Antragsrechts für anerkannte Verbraucherverbände, um die Aufsichtsbehörde (BNetzA) im Verdachtsfall zu einer Überprüfung der Zuverlässigkeit eines Energieanbieters gemäß EnWG zu veranlassen.
Verbraucherschutzministerkonferenz 2018 fordert verbraucherfreundliche Mindeststandards für Energiepreisvergleichsportale
Am 15. Juni 2018 beschloss die Verbraucherschutzministerkonferenz der Länder und des Bundes (VSMK) auf Antrag Baden-Württembergs einstimmig ein Maßnahmenpaket, um in Deutschland verbraucherfreundliche Mindeststandards für Energiepreisvergleichsportale einzuführen.
Der Beschluss der VSMK im Wortlaut:
- Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder sehen in transparenten und vergleichbaren Energiepreisen eine wichtige Entscheidungsgrundlage für einen Wechsel des Tarifs oder Versorgers. Dabei können in Deutschland die Energiepreisvergleichsportale den Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung und Informationen über verfügbare und geeignete Produkte und Konditionen bieten.
- Die VSMK begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission (im Entwurf der Strombinnenmarktrichtlinie), verbindliche Mindeststandards für Energiepreisvergleichsportale festzulegen und fordert die Bundesregierung auf, zeitnah einen nationalen Regulierungsrahmen zu schaffen, der diese Mindeststandards aufgreift.
- Die VSMK regt an, zur Entwicklung und Festlegung geeigneter Standards, wie z. B. die transparente Darstellung der tatsächlichen Preise (ohne Boni), eine klare Kennzeichnung von Werbung sowie verbraucherfreundliche Voreinstellungen für die Suche, eine unabhängige, aus Vertreten von Verbraucherverbänden, Energiewirtschaft, Regulierungsbehörde sowie Bund und Ländern bestehende Kommission einzurichten.
- Darüber hinaus bitten die Verbraucherschutzministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder die Bundesregierung um Prüfung, ob für Energieversorgungsunternehmen, die Verbraucherinnen und Verbrauchern den Abschluss von Energielieferverträgen außerhalb der Grundversorgung nach § 41 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mit Vorkassetarifen anbieten, eine nationale Insolvenzsicherungspflicht geschaffen werden kann. Weiter soll geprüft werden, ob die Bundesnetzagentur als nationale Regulierungsbehörde und Aufsichtsbehörde über den Energiemarkt und die Energiepreisvergleichsportale weiter zu stärken ist mit dem Ziel, die Zuverlässigkeit eines Energieanbieters und Portals künftig regelmäßig und systematisch von der Regulierungsbehörde überprüfen zu lassen.
- Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister, -senatorinnen und der -senator der Länder bitten das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf der 15. Verbraucherschutzministerkonferenz (2019) über die Umsetzungsmaßnahmen schriftlich zu berichten.
Weitere Informationen
Abschlusspräsentation Studie "Zugang zu unabhängigen Energiepreisvergleichen ermöglichen – Ist ein Referenzportal die Lösung?"
Studie "Zugang zu unabhängigen Energiepreisvergleichen ermöglichen – Ist ein Referenzportal die Lösung?"
"Vergleichsportale in der Kritik: Hauk für mehr Verbraucherschutz bei Energiepreisvergleichsportalen"; Pressemitteilung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg vom 27.03.2017