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Kollektiver Rechtsschutz

Sammelklagen: Gemeinsam klagen, gemeinsam Recht bekommen

Handschlag vor einer Bücherwand; im Vordergrund eine Waage.

Ein Verstoß gegen geltendes (Verbraucher-)Recht durch ein großes Unternehmen kann eine Vielzahl an Verbraucherinnen und Verbraucher schädigen. Beispielsweise waren durch den sogenannten Dieselskandal Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher betroffen. Weitere Anwendungsbereiche können unzulässige Preiserhöhungen oder Vertragskündigungen sein. Seit Herbst 2023 gibt es mit der Abhilfeklage eine neue Klageform, welche es Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht nur ermöglicht, gemeinsam ihr Recht feststellen zu lassen, sondern ihnen die Möglichkeit gibt, einer Klage beizutreten, durch welche Entschädigungen direkt eingeklagt werden können. Damit soll die Durchsetzung von Massenschäden wesentlich erleichtert werden. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, Musterfeststellungsklagen zu erheben.

Die neue Abhilfeklage

Nach Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie in Deutschland können seit Oktober 2023 Verbraucherverbände und weitere zugelassene Kläger Unternehmen direkt und kollektiv auf Entschädigung von Verbraucherinnen und Verbrauchern verklagen. Die neue Klageart soll dazu beitragen, dass jene schneller und einfacher die ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Leistungen können z. B. Schadensersatz-, Reparatur- oder Ersatzlieferungsansprüche sein. Erstrittene Leistungen können direkt an Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden. Klagen könne beispielsweise erhoben werden, wenn Banken zu Unrecht Gebühren erheben oder – wie bereits in mehreren Fällen geschehen – wenn Stromanbieter ungerechtfertigte Preiserhöhungen vornehmen.

Weiterhin möglich: Musterfeststellungsklage

Bereits seit 2018 und auch in Zukunft ist es möglich, Musterfeststellungsklagen zu erheben. Verbraucherverbände – wie die Verbraucherzentralen – können weiterhin Klagen auf kollektive Feststellung erheben, wenn die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen vorliegen. Erste und umfangreichste Musterfeststellungsklage war bislang die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen VW.
 
Ein Ergebnis der Musterfeststellungsklage kann ein Feststellungsurteil oder ein Vergleich sein. Wird ein positives Feststellungsurteil zugunsten der Verbraucherseite erlassen, muss sich die jeweilige Verbraucherin oder der Verbraucher nochmals an das Unternehmen wenden und diesen Anspruch individuell einklagen. Bei einem Vergleich zwischen dem klagenden Verbraucherverband und dem Unternehmen haben Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit daran teilzunehmen, so dass ein konkreter Leistungsanspruch gegen das Unternehmen entsteht.

Wesentlicher Unterschied der beiden Klagearten

Wesentlicher Unterschied der Klagearten ist, dass bei der Abhilfeklage auf Leistung geklagt wird, während bei erfolgreicher Musterfeststellungsklage jede Verbraucherin und jeder Verbraucher selbständig ihren Leistungsanspruch durchsetzen muss. Die Abhilfeklage bietet Verbraucherinnen und Verbrauchern somit den großen Vorteil, ihre Leistungen zu erhalten, ohne selbst gerichtlich tätig werden zu müssen.

Gemeinsamkeiten der Klagearten

Voraussetzung für Verbraucherinnen und Verbrauchern bei beiden Klagearten, welche auch Verbands- oder Sammelklagen genannt werden, ist, dass sie sich nach Klageerhebung durch berechtige Verbände und Verfahrenseröffnung durch das Gericht bei einem Klageregister anmelden. Die Anmeldung ist kostenlos und führt dazu, dass die Ansprüche nicht verjähren. Das Klageregister wird vom Bundesamt für Justiz (www.bundesjustizamt.de) geführt. Für die Anmeldung muss kein Rechtsanwalt beauftragt werden. Die Angemeldeten nehmen anschließend an der jeweiligen Klage teil, ohne selbst Partei der Klage zu werden. Beide Klagearten sind seit 2023 im neuen Verbraucherrechtsdurchsetzungsgesetz (VDuG) geregelt. Voraussetzung einer Klageerhebung ist, dass mindestens 50 potentiell Betroffene vertreten werden und dass die Ansprüche gleichartig sind.

Ansprechpartner bei Problemen mit Unternehmen:

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V.

Die von der Landesregierung geförderte Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V. bietet zu Fragen des privaten Konsums fachliche Informationen und eine individuelle (niederschwellig kostenpflichtige) Beratung an. Die Leistungen und Preise der Verbraucherzentrale sind auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Allgemeine Informationen zu einzelnen Verbraucherthemen, wie Versicherung, Energie, Telekommunikation, Finanzen, sowie entsprechende Musterbriefe können unter www.vz-bawue.de kostenfrei gelesen oder heruntergeladen werden.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die die Verbraucherzentrale lediglich auf Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften oder Probleme mit Anbietern aufmerksam machen möchten, ohne eine Beratung oder Antwort von der Verbraucherzentrale zu erwarten, können diese kostenlos der Verbraucherzentrale melden. Nähere Informationen hierzu sind unter
www.verbraucherzentrale-bawue.de/kontakt zu finden.

Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V.

Bei Verbraucherfragen mit einem grenzüberschreitenden Bezug zu Frankreich können sich Verbraucherinnen und Verbraucher an das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. in Kehl wenden. Bei diesem handelt es sich um einen deutsch-französischen Verein, der unter anderem von der baden-württembergischen Landesregierung gefördert wird. Er steht Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Rechtsstreitigkeiten mit französischen Unternehmen oder bei allgemeinen Fragen als direkter Ansprechpartner zur Seite. Eine solche Unterstützung ist für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos.

Die vom Zentrum für Verbraucherschutz e. V. eingerichtete Kontaktstelle für Justizfragen „Justiz ohne Grenzen“ bietet Verbraucherinnen und Verbrauchern eine kostenlose Erstberatung in grenzüberschreitenden Fragen des Verbraucherrechts, Familien-, Erb-, Miet- und des Immobilienrechts.

Schlichtung bei Streitigkeiten

Darüber hinaus haben Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, sich bei Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag mit einem Unternehmen, an eine Schlichtungsstelle zu wenden. Diese Stellen helfen Verbraucherinnen und Verbrauchern, Streitigkeiten außergerichtlich, kostengünstig, schnell und effizient beizulegen. Für verschiedene Wirtschaftsbereiche gibt es branchenspezifische Schlichtungsstellen, wie z. B. den Versicherungsombudsmann.

Die Universalschlichtungsstelle (www.universalschlichtungsstelle.de) hilft Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Beilegung von Streitigkeiten mit Unternehmen, für die es keine nach Spezialvorschriften anerkannte branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt.

Wie finden Verbraucherinnen und Verbraucher die richtige Schlichtungsstelle?

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